Stella und der Club der glamourösen Exzentriker
Selbstinszenierung als Persönlichkeitskunst. Die Sängerin, Malerin, Autorin und Image Coach Stella Ahangi.
Stella ist eine ganz besondere Frau. Wie einige wenige besondere Menschen ist sie in mein Leben per Zufall „reingerutscht“. Auf der Buchpräsentation von „Liebe kennt kein Alter“ von Adi Seth Cohen in Charlottenburg. Danach ein zweites Mal auf der Vernissage von Kathrin Höhnes Ausstellung „2 of 4 Elements“. „Diese positiv-verrückte Frau kenne ich irgendwoher“ – schrie mein Inneres. „Wow, wow, wow, ich mag sie, sie ist wie ich, sie traut sich das zu leben, was andere als „Zirkus“ bezeichnen würden“. „Ein neuer Zirkus, bloß anders. Das Leben ist ein Zirkus…“dachte ich…Mit den Leben flirten, sich’s gut gehen lassen, sich selbst als lebendes Kunstwerk inszenieren (nicht aus dem Mangel, sondern aus der Fülle), andere offenherzige Menschen mit Lebensmut, Identität und guter Laune anstecken…
Liebe Stella, mit mir und Dir war’s im wahrsten Sinne des Wortes Liebe aufm ersten Blick. Ich fühlte mich sofort in Deinen Bann gezogen…Wer ist eigentlich Stella Ahangi? Erzähl uns ein wenig über Deinen beruflichen und persönlichen Background?
Oh, liebe Paulina, das würde den Rahmen sprengen! Ich bin ja nun schon ein wenig länger im Leben als Du und und ich habe wahnsinnig viel gemacht. Ich versuche mich auf die wichtigsten Stationen meines Lebens zu reduzieren. Also, ich war 36 Jahre als Sängerin auf den Brettern, die die Welt bedeuten sollen, und das mit viel Leidenschaft und einigermaßen erfolgreich. Doch bin ich ein Wesen, das sich sehr schnell langweilt, und so war die Bühne nie ausreichend für mich. Meine Lieblingsbeschäftigung ist es, Menschen zu verbinden. So gründete ich anno 1999 in Köln, meiner Geburtsstadt, den SALON ROUGE – eine Revue der darstellenden Künste. Zumindest hatte sich mein Salon über die Jahre als solches entwickelt. Zu Beginn kamen Künstler aller Genres in meine Wohnung, behängten Wände mit Bildern, Photographien oder kunstgewerblichen Gegenständen, Musiker fiedelten um die Wette, Schauspieler rezitierten und selten ging man vor Morgengrauen nach Hause. Später fand der SALON ROUGE dann an unterschiedlichen Veranstaltungsorten statt. Zwischendurch spielte ich Theater, hatte Ausstellungen mit meinen Malversuchen, veranstaltete die KÖLNER CHANSONGALA und schrieb fleißig Gedichte und Kurzgeschichten.
Foto: Nicole Tiesmeier
Du bist (wie ich!) erst seit 2010 in Berlin? Viele fliehen nach Berlin, um sich selbst neu zu erfinden und gehen hier doch unter. Es gibt zu viele kreative, idealistische Köpfe, die ums Überleben kämpfen. Bei Dir habe ich das Gefühl, dass Du hier erst richtig aufgeblüht bist. Hat sich Dein Leben um 360 Grad gewandelt, als Du nach Berlin kamst?
Um 360 Grad sicherlich nicht. Oder zumindest nicht von Anbeginn. Ich musste mich schon noch mal neu zurecht finden und hatte zu dieser Zeit noch den Wunsch, weiter als Sängerin zu arbeiten. Aber diese Stadt bietet so viele Möglichkeiten, da kann man nur wachsen, wenn man es zulässt. Jedoch hat meine Zeit in Berlin mich und mein Leben sehr verändert.
Foto: Anto Christ
Lyrik und Theaterstücke – Dein anderes Steckenpferd. Du warst 30 Jahre lang auf der Bühne als Sängerin und Schauspielerin. Nun ist die Straße Deine Bühne. Aber eigentlich bringst Du immer die Bühne mit, egal wo Du auftrittst. Ist Dein persönlicher Auftritt von der Bühne des Lebens inspiriert oder von den Bühnen, auf denen Du früher aufgetreten bist?
Mehr als 30 Jahre! Mein Leben ist meine Bühne und das war es schon immer. Ich hatte mir nie eine Bühnenpersonage zugelegt, was manche sogar kritisierten. Vor der Bühne ist auf der Bühne, das war immer mein Motto. Ich habe privat kaum anders ausgesehen, als auf der Bühne und meine Outfits waren immer extravagant.
Foto: Gilberto Giardini
Hattest Du schon immer ein Fabel für exklusive, exzentrische Mode?
Definitiv ja! Natürlich verändert, bzw. entwickelt man seinen Stil im Laufe seines Lebens. Mir war es stets wichtig, nicht wie die breite Masse auszusehen, egal welchem Stil ich gerade den Vorrang einräumte.
Foto: Ralf Krüll
Deine Definitionen von:
Stil? (wie würdest Du Deinen eigenen „Stilmix“ beschreiben?)
Stil hat man. Alles andere muss man sich kaufen. Da bin ich mir sicher. Aber man kann auch lernen, sich vervollständigen, wie ich es immer sage. Meine Stilmix ist eine Reise durch Epochen. Ich liebe die 10er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, aber auch das Barocke. Ich liebe Taft und Tüll, Hüte und Turbane und alles was schimmert und glänzt. Niemals aber möchte ich die Kopie einer Epoche sein. Das Schöne an der heutigen Zeit ist, dass man alles in seinen persönlichen Stil einbinden kann, Ethno, Punk oder Historisches – das finde ich wunderbar. Das Wichtigste ist Kreativität!
Glück?
Glück ist, was ich habe. Punkt. Sehen, was man hat, wie viele tolle Menschen es in meinem Leben gibt, wie frei ich leben kann. Wenn das kein Glück ist?
Reichtum?
Mit dem Reichtum ist es ähnlich. Äußerer Reichtum ohne inneren Reichtum ist wertlos. Wertlos, weil es sinnentleert ist. Nichtsdestotrotz liebe ich es Geld zu haben. Sonst kann ich mich nicht entfalten, keine Projekte realisieren.
Foto: Ralph-Joachim Edler von Görbitz
Dein „Club der glamourösen Exzentriker“! Was für eine geile Nummer ! Wie kamst Du darauf?
Tatsächlich ein wenig aus der Not geboren. Klingt jetzt vielleicht etwas dramatisch, war aber so. Das Musikbusiness wird für Musiker zunehmend härter und so stellte ich mir eines Abends die Frage: Willst Du das noch, Frau Ahangi? (ich rede mich immer so an) und spürte, dass ich das nicht mehr wollte. Dann überlegte ich, was ich am liebsten mache und da war es wieder! Menschen zusammenbringen. Ich liebe Glamour, bin durchaus exzentrisch, liebe Mode als Kunstform und liebe es, Projekte ins Leben zu rufen.Ich gründete als erstes eine Gruppe auf Facebook, dann meinen Blog, in dem ich am Anfang Kolumnen über dies und das schrieb, bis ich auf die Idee kam, spannende Menschen zu interviewen, was dann auch zu meinem Buchprojekt geführt hat.
Foto: Ralf Krüll
Nach welchen Kriterien suchst Du Dir Deine Mitstreiter? Oder kommen sie alle auf Dich zu?
Ich sage es mal so: wir finden uns.
Deine künftige Vision mit dem Club?
Viele spannende Veranstaltungen auf die Beine zu stellen – Ausstellungen, Modeschauen, Walk of Glam und vielleicht sogar wieder Konzerte. Und ich möchte natürlich weitere Bücher publizieren. Ansonsten warte ich gerne darauf, was das Leben mir anbietet.
Selbstinszenierung und Selbstdarstellung – ist da nicht ein schmaler Grat dazwischen? Wie viel Selbstinszenierung braucht ein selbstbewusster, in sich ruhender Mensch? Oder hat Selbstinszenierung ganz und gar nicht mit der Schrei nach Aufmerksamkeit und Bestätigung zu tun?
Ich denke, das ist sehr unterschiedlich. Ich möchte aber gar nichts beurteilen. Jeder muss seinen eigenen Weg finden, ob schlicht oder selbstinszeniert, spielt keine Rolle. Die Frage nach der Selbstreflexion finde ich viel wichtiger. Und da bedaure ich, dass so wenige Menschen über sich nachdenken, wissen, was sie wollen und warum.
Foto: Dieter Padar
Empfindest Du Dich manchmal nicht als „Rampensau“? (mir geht es persönlich so, sogar habe ich mehrmals öffentlich behauptet, dass ich „mediengeil“ bin;)
Ich bin eine absolute Rampensau. Aber ich weiß auch sehr genau, wann es nicht meine Show ist. Das ist bei aller „Mediengeilheit“ sehr wichtig, sonst wird man doch schnell peinlich.
Du bist auch Image Coach. Du weißt, ich bin sehr skeptisch gegenüber Coaches. Was bedeutet Image Coaching eigentlich? Kann man sich zeit seines Lebens unendlich viele Images zulegen? Oder geht es im Leben darum, Deine „richtige“, echte Persönlichkeit und das damit verbundene Image zu offenbaren?
Bei unserer letzten Begegnung haben wir, Du und ich, nach einer deutschen Entsprechung für das Wort COACH gesucht, und keine gefunden. Vielleicht wäre „Motivator“ eine Entsprechung, klingt aber irgendwie ungeschickt. Ich bin weder Lehrer noch Berater. Ein Coach motiviert, regt an, begleitet die Entwicklung, weitet den Horizont. Ich behaupte, dass sogar ich noch Persönlichkeiten in mir trage, derer ich nicht bewusst bin entweder, weil sie mich nicht interessieren, oder weil sie zu tief vergraben sind. Wir entwickeln alle nur einen Teil unseres Wesens, weil wir durch unser soziales Umfeld und unseren Zeitgeist bestimmt werden. Was ich durchgängig bei allen Coachings festgestellt habe, ist der Mangel an Mut. Was denken die anderen, wenn ich dies oder jenes mache, dies oder jenes trage? Das zeigt die Schwelle, die es zu überwinden gilt, sehr deutlich.
Foto: Dieter Padar
Was ist Deine Lebensberufung? Ändert sich diese aus Deiner Sicht noch?
Alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die das Leben mir bietet, mich nicht zu beschränken und das zu tun, was ich liebe. Mag sein, dass sich die Richtung nochmal ändert, aber die Essenz nicht.
Liebe Stella, herzlichen Dank für das inspirierende Interview. Du bist nicht nur glamourös, sondern auch grandios.
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