Liebe Mitstreiter,
neulich ist neben all der positiven Presse auch ein etwas dubioser Artikel über PAULINA’S FRIENDS im atelier – die Zeitschrift für Künstler erschienen. Es ist meine Pflicht darüber zu reden, statt den unter den Teppich zu kehren (siehe 1. Artikel „Selbstheilung in Berlin“ unter Presse).
Grund für den Artikel war die vergangene Ausschreibung für die Ausstellung H E A L I N G, die eine scharfe Kritik von der Zeitschrift, die sich seit den 80ern für die Rechte der Künstler einsetzt, erntete.
Glücklicherweise kam dieser Artikel nun doch zu spät – denn ich hatte ja bereits rund 100 Bewerber gehabt und 29 ausgewählte Teilnehmer, die sich ganz freiwillig und bewusst auf dieses H E A L I N G – Projekt eingelassen haben.
Nun aber zum Brenn- und Hauptkritikpunkt des besagten Artikels: Warum sollen Künstler überhaupt bezahlen um (nur) auszustellen? Eigentlich sollten Künstler Honorare dafür bekommen. (Bei Designern müsste dann die Galerie direkt alle Arbeiten sogar ankaufen, bevor sie wagt, sie weiterzuverkaufen.)
Also der finanzielle Selbstkostenbeitrag entpuppt sich als heikler Seiltanz, als wären die Künstler Passagiere auf der untergehenden Titanic (ich dachte das wären die klassischen Galeristen…)?
Ich nehme den Artikel vom guten Herrn Bence Fritzsche mit allen Mythen darin unter die Lupe, um einige konzeptionelle Fragestellungen rund um die Kollaboration mit PAULINA’S FRIENDS endgültig zu klären:
Muss ich als Künstler/Designer bezahlen, um meine Arbeit bei PAULINA’S FRIENDS zu präsentieren? Ja, auf alle Fälle! Ich arbeite auf Kommission erst nach einer gewissen Zeit, wenn sich Deine Kunst- und Designarbeiten als gut verkäuflich erwiesen haben. Ich arbeite nach dem Prinzip des geteilten Risikos – dafür bekommst Du 80 % vom Verkauf, statt 50 %, wie es bei „normalen“ Galerien der Fall ist! In anderen Ländern ist es übrigens Gang und Gäbe, dass man die Raummiete von Galerien mitfinanziert. Meine Konditionen schicken ich Dir gern auf Anfrage.
Es ist doch untypisch, dass eine Galerie Miete verlangt….Stopp! Erstens ist PAULINA’S FRIENDS keine „normale“ Galerie! Es ist eine Kreativagentur und eben keine klassische Galerie. Das heißt, ich erbringe Leistungen, die unbedingt honoriert werden müssen und nicht nur provisionsabhängig sind. Ich mache nichts umsonst oder gratis. Und ich kann Dir leider auch nicht garantieren, dass ich Deine Arbeit verkaufen werden. Gibt Dir etwa Dein Arzt, den Du teuer bezahlst und auf den Du stundenlang warten musst, etwa ein Heilversprechen, nur wenn Du seine Pillen nimmst? Eben nicht, manchmal machen Dich diese sogar kranker. Du musst aber trotzdem Deinen Arzt zahlen. Das Leben beginnt dort, wo ich jede Gewissheit aufs Spiel setze! Und der Verkaufserfolg hängt größtenteils vom Produkt und nicht nur von der Präsentation und der Promotion ab. Du kannst nur mutmaßen, glauben, hoffen, vertrauen, und vor allem die Ärmel hochkrempeln. Denn, am Ende gewinnen nur diejenigen, die nicht nur 100 % von sich überzeugt sind und warten entdeckt zu werden, sondern die proaktiv sind und in sich investieren (von Nix kommt Nix).
PAULINA’S FRIENDS ist eine innovative, zeitgemäße Alternative zum gängigen Kunstmarkt, der schon lange eine Reformation braucht, ein selbstinitiiertes, unabhängiges und selbstfinanziertes Projekt, das ohne die finanzielle Mitbeteiligung der Mitstreiter in dieser Form kaum denkbar wäre. Glaube mir, ich hätte auch gern gewusst, dass mein Herzprojekt PAULINA’S FRIENDS ohne die finanzielle Beteiligung der Künstler & Designer wirtschaftlich tragfähig wäre. Und ich möchte ebenfalls inbrünstig verkaufen, davon haben doch alle etwas!
Also der Mythos, dass ernstzunehmende Künstler kein Selbstmarketing betreiben und nicht bezahlen müssen, um gesehen oder entdeckt zu werden, denn das ist letztendlich die Arbeit eines guten Galeristen – gehört glücklicherweise ins vergangene Jahrtausend.
Dennoch: wenn Du bereits einen guten Galeristen hast, der Dich fest unter Vertrag hat und Deine Arbeit gut verkauft/ankauft, wenn Du es sogar selbst besser kannst, und lieber aus dem Atelier verkaufst, wenn Du ein Ausstellungshonorar verlangst oder Deine Werke selbst vermietest, statt sich in fremde Galerien „einzumieten“, bitteschön – dann brauchst Du mich nicht! Du machst ja schon alles richtig! (und kannst Dich gern am Ende dieser Mail austragen!)
Letztendlich sei ja ein echter Künstler nur derjenige, der nichts anderes macht, auch keinen Nebenjob hat, um sich seine Kreativität leisten zu können. Er zahlt ja schon so viel – Atelier, Künstlerbedarf etc. Alles andere sind Hobbykünstler. In meiner Auffassung ist es genau umgekehrt – es sind total vernünftige Menschen und jeder, der seine Berufung ermöglicht, egal wodurch, verdient Respekt. Ich kann mir übrigens meinen alten Kindheitstraum, Modedesignerin und Schriftstellerin zu werden, und PAULINA’S FRIENDS zu betreiben, auch nur durch bezahlte Nebenjobs im Kulturmanagement leisten!
Zurück zum umstrittenen Artikel im atelier Magazin: Es ist was anderes, Teilnahmegebühr für einen Wettbewerb von Kreativen zu verlangen – dies tue ich ja nicht, sondern nur die AUSGEWÄHLTEN bezahlen einen minimalen Beitrag, der nicht mal meine fixen Laden-Kosten deckt. Lasse mich hier bitte unterstreichen, was Künstler in dem Fall für ihre bezahlten 300 € bekommen haben (Nur so nebenbei gefragt, tun 300 € für ganze 3 Monate Ausstellungs- und Promotionzeit gemessen an dem deutschen Lebensstandart wirklich sooo weh?). Und warum nur für eine Arbeit? Der Raum ist leider nur 52 qm groß (und trotzdem schweineteuer). Herr Fritzsche hat offensichtlich in seinem Artikel vergessen zu erwähnen, was die Teilnehmer für ihre 300 € als Gegenleistung bekommen haben:
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Marketing, Promotion (inkl. Social Media), Pressearbeit – an ca. 10.000 Adressen europaweit
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Galerieraummiete für 3 Monate
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Personal, das die Ausstellung zu den Öffnungszeiten betreut (6-7 Tage die Woche, 7 Std. täglich)
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kostenloses dauerhaftes Profil mit mehreren Arbeiten (!) in unserem Online Shop aufwww.paulinasfriends.com/kunst oderwww.paulinasfriends.com/design auf Deutsch & Englisch (wo gibt’s das schon?)
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Online Magazin Beitrag mit einem persönlichen Statement
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Beim Verkauf aus der Galerie gehen 80 % vom Nettopreis an die Künstler/Designer und nur 20 % an uns. Über die Website: 60/40 %
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ein Rahmenprogramm mit 15 Veranstaltungen (HEALING Festival + Unternehmerinnenfrühstücke mit hochkarätigen, erfolgreichen Unternehmerin), während dessen die Arbeiten vorgestellt wurden
Wenn Du mal an Kunstmessen teilgenommen hast und Deine eigene Koje betreut hast, dann weißt Du wie zermürbend selbst 4 Tage sein können, ohne eine Verkaufsgarantie und das zum 10-fachen Preis. Ach ja, und falls Du Dich fragst, warum wir lieber nicht 100 % vom Verkauf abgeben, weil wir ja „Raummiete“ verlangen – weil ich mich so selbst besser motiviere, die Arbeiten loszuwerden!
Wusstest Du eigentlich,
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wie viel diese schöne, moderne und coole Website und die Arbeitsstunden, jeweils einen Online-Shop für jeden Künstler/Designer zu erstellen und diesen aufwendigen Newsletter (an 10.000 Kontakte), mich kostet? 1.000 € monatlich
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was es kostet, einen Showroom dauerhaft in Berlin-Mitte zu betreiben? 1.500 € monatlich (übrigens, das meist auch nur, wenn man sich an min 3-5 Jahre an einen Mietvertrag bindet – wenn Du lieber einen Pop-Up-Store aufmachen willst, dann kannst Du dafür ca. 3.000 € für den Monat locker machen – > und dann kriegst Du nur die Schlüssel und musst den Rest selbst managen)
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wie viel Arbeit Praktikanten bereiten (Einarbeitung, Betreuung)? Definitiv sehr viel Zeit und Nerven, auch schlaflose Nächte! Und Gesundheit ist unbezahlbar!
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der Strom, das Internet, das Telefon? 300 € monatlich
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wie teuer eine Geschäftsinhaltsversicherung/Betriebshaftpflicht ist? 1000 € jährlich
Ach ja, ich muss ja auch noch was essen, denn ich habe selbst weder reich geheiratet, noch komme ich aus einer wohlhabenden Familie (ganz zu schweigen davon, dass ich in Deutschland mit Drecksarbeit angefangen habe und 13 Jahre lang gebraucht habe, um auch aufm Pass als ebenbürtig anerkannt zu werden! Und ich darf übrigens auch nicht Mitglied bei der KSK sein, weil ich „kommerziell“ und nicht nur „künstlerisch“, „kuratorisch“ oder „publizistisch“ arbeite, obwohl ich Beiträge für die abführe. Also zahle ich monatlich 400 € nur für meine Krankenversicherung (und habe gar keine Rente!) Dazu kommen natürlich noch meine weiteren privaten Lebenshaltungskosten. Ach ja, und die monatliche Umsatzsteuervorauszahlung….
Also stelle ich mir inzwischen selbst die Frage – wozu brauche ich diesen Zirkus mit den extrem erdrückenden Kosten, wenn nicht mal Dankbarkeit und Wertschätzung seitens der Künstler und der Presse zurückkommt? Nein, ich lebe dafür, nicht davon! (Okay, das war jetzt sehr dramatisch…:)
Du merkst schon (solange Du rechnen kannst), es ist gar nicht so einfach, so ein Geschäft zu schmeißen. Wenn Du meinst, „DOCH, man muss nur die richtigen Mitstreiter haben, die sich gut verkaufen“, dann lass uns mal tauschen – ich werde kreativ im stillen Kämmerlein vor mir hin arbeiten (endlich!), und Du schlüpfst in unsere Rolle und übernimmst die o.g. Aufgaben. Okay? 🙂
Nachdem ich heute in einem 3-stündigen Telefonat dem Chefredakteur der Zeitschrift all das mitgeteilt habe, wollte er seinen Artikel wieder rückgängig machen – nun: gedruckt ist gedruckt. PAULINA’S FRIENDS müsse einen kostenlosen Künstlerwettbewerb ausschreiben, und dann würde er positiv über mich berichten. Also mein Konzept ändern, damit die Presse gut berichtet! Denn, er steht für die freie Presse. Dankeschön. Trotzdem darf jeder Künstler in seinem Magazin teure Anzeigen schalten, in der Hoffnung in einer der kommenden Ausgaben freie Redaktion zu bekommen. Merkst Du nicht die Doppelmoral?
Willkommen in der freien Marktwirtschaft, willkommen in der Realität, Herr Fritzsche! Sie haben bestimmt nicht im Sozialismus gelebt, wenn Sie der Auffassung sind, dass es völlig selbstverständlich ist, dass jeder Künstler ein Honorar dafür bekommt, dass er ganz frei (und nicht auftragsweise) Kunst betreibt.
Was mich aber vor allem am Artikel „Selbstheilung in Berlin“ stört, ist die Vorstellung von den Künstlern/Designern – diese werden als arme, bemitleidenswerte Kreaturen diffamiert, die angeblich zu den Einkommensschwächsten unserer Gesellschaft gehören. Siehst Du Dich auch so, lieber Künstler / Designer?Glaubst Du nicht daran, dass man Dir genau den Preis gibt, den Du meinst zu verdienen?
Damit ich zum Schluss das große Missverständnis komplett ausräume: meine Arbeit verdient auch den Preis, den ich verdiene! Weil ich mir den Preis wert bin. Ich muss niemanden „umsonst“ promoten. Dafür gibt es viel zu viele richtig gute Künstler/Designer, die bereit sind, in sich zu investieren, weil sie es wert sind. Ein Blick hier undhier genügt.
Zu aller Letzt: Falls Dir das Thema Geld auch so sehr am Herzen liegt, empfehle ich Dir unser kommendes Unternehmerinnenfrühstück zu besuchen: „Über Geld spricht man, endlich!“
Letzte Chance, die Ausstellung H E A L I N G mit den tollen 29 Positionen zu sehen, vielleicht im Rahmen dieser 2 Events („RADIKAL ICH SEIN“ am 29.07 und „Leicht und Bewegt. Im Körper zu Hause“ am 30.07)
P.S. Übrigens, den Selbstheilungsprozess habe ich dank diesem Artikel selbst durchmachen dürfen. Daraus haben sich zwei wichtige Fragen für mich herauskristallisiert:
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Wie gehe ich intelligent und poetisch mit (unbegründeter) Kritik um?
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Ist das, was andere von mir verlangen, auch das was das Leben von mir verlangt, damit ich meine Berufung leben kann?
Mit Leidenschaft, Eure Paulina
Danke für Euer Feedback zu meinem Statement!
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