BRUNOLUPO
Vom Mut, psychische Erkrankungen zu thematisieren
Das künstlerische Interesse BRUNOLUPOs liegt hauptsächlich an der plastischen Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper, dem Kopf, dem Blick, dem Innen, Inneren und Außen, der Nähe. Dabei sieht er den Menschen als untrennbaren Bestandteil der Natur. Beziehungen, das Nebeneinander und Nicht-Beziehungen, die Leere oder Fülle des Zusammenlebens sind in vielen Arbeiten Thematisiert. Manchmal findet sich auch direkte Gesellschaftskritik. Sein bevorzugtes Material ist gegenwärtig Ton. Dieser verwandelt sich in seinen Händen zu ausdrucksstarken Skulpturen, Figuren, Landschaften und Köpfen. Figürlich expressionistisch könnte man sie nennen. Sie sind mehrdeutig und hintergründig, oft beunruhigend. Auch bei langem Betrachten erschließen sie sich nicht immer. Sie bleiben interessant. Viele erinnern an Porzellan, Kristall oder Aquarelle. Im Detail sind die Figuren eher schroffe Gebirge, Natur, Vegetation und nicht Körper. Die Figuren haben oft höllische Innenleben. Jede Figur ist ein Unikat in eigener Handschrift. In vielen Keramik-Arbeiten versucht er die Leichtigkeit eines Aquarells mit der Ernsthaftigkeit einer Skulptur zu vereinen. Dabei reizt er den Ton bis an die Grenzen des Materials. Gerade die weißen Skulpturen spiegeln das Licht wie Kristalle, aber bei näherem Betrachten zeigen sie die Ängste, Sorgen und innersten Gedanken der doch nicht so schönen Welt. Die Arbeiten sind bei oberflächlicher Betrachtung eingängig nett, aber bei genauerem Hinsehen lassen sie böse Wahrheiten erfühlen (politisch und menschlich). Beim Betrachten der Arbeiten lohnt es sich den Figuren auf Augenhöhe in die Augen zu sehen. Gelegentlich arbeitet BRUNOLUPO auch in Beton, Holz, PET, Alu, Aquarell und Malerei. So gibt es kritische Stadtlandschaften in abstrakten Reliefs und Objekten aus Spezial-Leichtbeton und Asphalt oder Torten gefüllt mit dem wiederaufgetischtem Müll der Konsumgesellschaft.
Die Skulpturen von Brunolupo faszinieren durch ihre besondere, mehrdeutige Stimmung. Diese wird verstärkt durch eine, für den Künstler charakteristische, „augapfellose“ Ausgestaltung seiner Kopf-Modelle, die er entweder als einzelne Büsten, oder in Ensembles präsentiert. Durch das Fehlen eines „echten“ Auges bleiben die Figuren, trotz der physiognomisch unterschiedlichen und detaillierten Ausgestaltung jedes einzelnen Kopfes, zu einem gewissen Grad anonym, unbestimmbar. Durch Einkerbungen und Spalten entsteht der Eindruck als könne man in sie und ihr Innenleben hineinsehen. Teilweise kombiniert er dicht an dicht eine Vielzahl von Köpfen und erzeugt so eine intensive ambivalente Wirkung des Gefühls von Gemeinschaft und Beengtheit. Die Figuren bilden teilweise eine Art Gesichter-Turm, ragen in die Höhe, oder erstrecken sich als eng angeordnetes Kopf-Relief über die Wand. Auf der Oberfläche der Figuren spielt sich ein dynamisches, emotionales Schauspiel ab: In der Detail-Betrachtung erinnern die Oberflächen der Skulpturen, die durch ihre elfenbeinartige Glasur einen faszinierenden porzellanartigen Schimmer erhalten, an schroffe Gebirge oder wilde Vegetationen. Sie sind löchrig, gebrochen, zerfurcht und zeugen von dem physisch intensiven Arbeitsprozess, in dem Brunolupo den Ton mit schweren Buchenlatten und –Blöcken kraftvoll in Form bringt. Das Material, seine Eigenschaften und Beschaffenheit spielen für den Künstler eine wichtige Rolle. Brunolupo spricht von „materialgerechtem Arbeiten ohne das Verwenden von Kitt“. Die Bearbeitung des Tons beginnt er ohne Skizzen. Die zufällig entstehenden Formen dienen ihm als Inspiration. In diesem Prozess bilden sich Figuren, die Brunolupo teilweise sehr genau ausgestaltet. Mit hoher Präzision konzentriert er sich auf einzelne Details wie Münder, Lippen oder Frisuren und versucht mit der weiß-leuchtenden Glasur den Eindruck einer unverwundbaren Haut-Oberfläche zu simulieren. Alexandra von Gersdorff-Bultmann, Galerie ART CRU Berlin