Thomas Lucker
Zwischen Skulptur und Fotografie
Thomas Lucker bearbeitet Steinplatten in traditioneller handwerklicher Technik und belichtet sie in seiner Dunkelkammer. Er setzt sich mit Prozessen von Erinnern und Vergessen auseinander, damit, wie unser Gehirn Erinnerungen produziert, verändert, überschreibt, um ein schlüssiges Bild von uns und der Welt zu konstruieren. Am Anfang steht immer eine Fotografie, die durch die Belichtung schließlich zu einem Teil der Arbeit wird. Lucker verwendet Kalksteine, unter urzeitlichen Meeren entstandene Sedimente, die selber Träger von Erinnerungen an die Geschichte des Lebendigen sind.
Ich beginne immer mit einer Fotografie. Dann wähle ich den Stein aus, Größe, Proportionen, Farbe, Textur. Wesentlich in meiner Arbeit ist, dass aus der Verbindung des Fotos mit dem Stein etwas Neues, Drittes entsteht. Am Ende des Prozesses ist es egal, ob es Augenblick und Ort, die das Foto angeblich dokumentiert, tatsächlich gegeben hat. Mich interessiert der Prozess des Erinnerns, die Subjektivität darin. Durch die Auseinandersetzung mit dem Bild entsteht in meinem Kopf die virtuelle Konstruktion eines imaginären Raumes zu irgendeiner Zeit. In der Bearbeitung des Steins, der Übertragung und Umsetzung der Bildinformationen, dem bildhauerischen Abtragen von Schichten, dem Hinzufügen des Fotos in der Dunkelkammer und dem Aufbringen von Farbauflagen, finde ich Analogien zur Arbeitsweise unseres Gedächtnisses. Die Arbeit steht für den Vorgang des Erinnerns selber, nicht für ein konkretes Ereignis. Härte und Dauerhaftigkeit des Steins werden durch den künstlerischen Prozess ebenso gebrochen wie die Anmutung von Authentizität der Fotografie. Ich mag, dass das Ergebnis oft etwas Kippeliges hat, zwischen den Stühlen steht – so Thomas Lucker.